Im Artikel erfährst du:
Als Hexenschuss wird ein plötzlich auftretender, meist stechender Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule bezeichnet. Neben den bewegungsabhängigen Schmerzen tritt häufig eine Bewegungseinschränkung auf. Meist ist die Streck - Bewegung bzw. das komplette Aufrichten der Wirbelsäule bei einem Hexenschuss aufgrund der Schmerzen nicht möglich.
Im Gegensatz zum Bandscheibenvorfall sind deine Schmerzen beim Hexenschuss auf den Bereich der Lendenwirbelsäule und das Gesäß begrenzt. Daher wird beim Hexenschuss medizinisch meist vom akuten Lumbago (lumbal = "die Lendenwirbel betreffend"), Lumbalsyndrom oder Lendenwirbelsyndrom bezeichnet.
Früher ist man davon ausgegangen, dass dir beim Hexenschuss ein Nerv oder eine andere Gelenkstruktur im Bereich der Lendenwirbelsäule einklemmt. Durch die Einklemmung treten der Schmerz und die charakteristische Bewegungseinschränkung auf.
Neuerdings wissenschaftliche Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass es sich viel mehr um eine Reizung oder Irritation eines Nerven oder anderer Gelenkstrukturen handelt - ohne dass es zu einer mechanischen Verschiebung oder Veränderung kommt[1]. In Folge der Irritationen kann es zu Verkrampfung der Muskulatur kommen, die die Beweglichkeit - vor allem die Streck - Bewegung der Wirbelsäule - einschränken und weitere Schmerzen verursachen können.
Diese Irritationen können sowohl physische Ursachen - schwere körperliche Arbeit, ein erhöhtes Sportpensum oder auch lange einseitige Haltungen - als auch psychische Ursachen haben.
Psychische Ursachen, die mit unteren Rückenschmerzen und Lumbago in Verbindung stehen, sind beispielsweise [2]:
In den meisten Fällen liegt eine Kombination aus verschiedenen Faktoren vor und häufig ist keine klare zeitliche Abfolge zu erkennen. So können Rückenschmerzen beispielsweise erst verzögert nach hoher körperlicher und psychischer Belastung auftreten, in anderen Fällen aber auch direkt unmittelbar bei bzw. nach der Belastung.
Und im Großteil der Fälle - ca. 90% aller Rückenschmerzen - lassen sich keine klaren Ursachen festmachen. Daher spricht man in diesem Fall von unspezifischen Rückenschmerzen! [3]
Daher sind MRT-, CT- und Röntgen-Diagnostik bei Hexenschuss, genauso wie bei den meisten akuten Rückenschmerzen, nicht sinnvoll.
Wenn kein struktureller Schaden, sondern nur eine Irritation der Wirbelsäule vorliegt, ist dies nicht auf radiologischen Aufnahmen zu erkennen!
Wann radiologische Untersuchungen wichtig sind und wann du mit deinem Hexenschuss schnellstmöglich zum Arzt gehen solltest, erfährst du weiter unten im Artikel.
Eine der häufigsten Fragen bei einem Hexenschuss lautet:
"Wie lange dauert ein Hexenschuss? Wann sind die Schmerzen wieder weg?"
Während statistisch gesehen jeder in seinem Leben mal unter Rückenschmerzen leiden wird [3], sind die Prognosen in den meisten Fällen sehr gut.
Unspezifische Rückenschmerzen, also 90% aller Rückenschmerzen, zu denen auch der Hexenschuss bzw. Lumbago zählt, haben meist eine Dauer von wenigen Wochen. In den meisten Fällen verschwinden die Beschwerden sogar ohne jede Therapie.
Deine Prognose ist ziemlich gut - mit 50% Wahrscheinlichkeit wirst du innerhalb von 2 Wochen deinen Hexenschuss wieder los sein und mit fast 100% Wahrscheinlichkeit wirst du innerhalb von 3-4 Monaten keine Rückenschmerzen mehr haben.
Wie du eben bereits gelesen hast, bilden sich 90% der unteren Rückenschmerzen in spätestens 3-4 Monaten ohne jede Form von Therapie zurück.
Nur 10% aller Rückenschmerzen benötigen wirklich medizinische Hilfe!
Doch wie erkennst du, ob du zu den 10% gehörst und dringend zum Arzt gehen solltest?
Einerseits wird in den ärztlichen Leitlinien eine intensivere medizinische Diagnostik bei Rückenschmerzen empfohlen, wenn die Dauer deiner Rückenschmerzen 4-6 Wochen überschreitet. [5]
Andererseits solltest du auf jeden Fall deinen Arzt aufsuchen, wenn du unter einem oder mehrer der folgenden Symptome leidest. Sie alle können ein Hinweis auf einen ernsten medizinischen Notfall geben:
Wenn dich deine Beschwerden so sehr einschränken, dass du deinen alltäglichen Aktivitäten nicht mehr richtig nachgehen kannst oder keine Aktivität ohne Beschwerden ausführen kannst, kann es Sinn machen, dass du deinen Arzt aufsuchst. In diesem Fall kann es Sinn machen mit dem Arzt gemeinsam zu besprechen, ob entzündungshemmende Medikamente oder Schmerzmittel Sinn machen, damit du aktiv bleiben kannst!
Da es sich in 90% der Fälle um unspezifische Rückenschmerzen handelt, gibt es weder die eine Ursache für deine Rückenschmerzen, noch die eine Übung oder die eine Therapie gegen deine Schmerzen!
Das wichtigste ist, dass du trotz deiner Schmerzen und Beschwerden möglichst aktiv bleibst!
Einerseits können lockere Mobilisations- und Dehnübungen für Rücken und Bauch helfen, die Schmerzen im Rücken zu lindern.
Bei der ersten Übung legst du dich auf den Rücken und stellst die Beine an. Jetzt kippst du dein Becken entspannt in Beugung und Streckung der Wirbelsäule.
Bei der Beugung ziehst du dein Schambein Richtung Brustbein ran - die Lendenwirbelsäule und der untere Rücken drückt jetzt etwas fester in die Unterlage. Bei der Streckung kippst du dein Schambein vom Brustbein weg - die Lendenwirbelsäule und der untere Rücken lösen sich von der Unterlage und du bewegst den Rücken leicht ins Hohlkreuz.
Als Variation legst du dich in Seitlage, ziehst die Beine leicht ran und kippst das Becken, wie in Rückenlage vor und zurück.
Führe die Bewegung über ein Bewegungsausmaß aus, dass du ein leichtes Spannungs- bzw. Dehngefühl spürst.
Wenn du diese Übung ohne großes Spannungs- bzw. Dehngefühl ausführen kannst, wechsel zur Katze-Kuh-Übung aus dem Yoga.
Bei der Übung gehst du auf alle Viere - auf Hände und Knie. Aus dieser Position bewegst du deine Wirbelsäule sanft in Beugung und Streckung. Führe die Bewegung soweit aus, dass du ein leichtes Spannungs- bzw. Dehn-Gefühl in den Endpositionen spürst.
Bei der zweiten Übung legst du dich auf den Rücken und stellst die Füße an. Jetzt kippst du im Wechsel die Beine nach links und nach rechts. Wie bei der ersten Übung führst du die Übung soweit aus, dass du in den Endpositionen links und rechts jeweils ein leichtes Dehn- bzw. Spannungsgefühl spürst.
Führe jede der Übungen für 1-2 Minuten am Stück für mehrere Durchgänge aus.
Neben den beiden Übungen sind aber auch Aktivitäten wie Spazieren gehen, Schwimmen gehen, Fahrrad fahren und alles was dir Spaß macht und sich für deinen Rücken gut anfühlt. Aber auch Aktivitäten wie Yoga, Fitnessstudio, Pilates etc. können hilfreich sein.
Grundsätzlich ist bei allen Aktivitäten wichtig, dass du weder bei noch nach der Aktivität deutlich mehr Schmerzen hast. Stell dir eine Skala von 0-10 vor. Der Wert 0 bedeutet absolut keine Schmerzen - der Wert 10 stellt den höchsten Schmerz dar, den du dir im Rücken vorstellen kannst. Versuche die Übungen über ein möglichst großes Bewegungsausmaß auszuführen, maximal aber soweit, dass du auf der Skala zwischen 4-7 liegst. Nach der Übung sollte der Schmerz sich schnell wieder - innerhalb von Minuten - auf Ausgangsniveau oder niedriger zurückbilden. Ist dies nicht der Fall, führe die Übungen beim nächsten Mal mit einem etwas geringeren Bewegungsausmaß aus.
Wenn du diese Richtwerte beachtest und dich in diesem Schmerz-Niveau bewegst, kannst du nichts falsch machen!
Da die Ursachen für einen Hexenschuss vielfältig sind und sich in den meisten Fällen nicht mal eine klare Ursache finden lässt, gibt es nicht die eine Methode, die jeden Hexenschuss verhindert.
Trotzdem gibt es Möglichkeiten das Risiko für einen Hexenschuss zu reduzieren.
Eine der effektivsten Maßnahmen ist ein gezieltes Krafttraining der Rücken- und Rumpfmuskulatur. [6,7] Wie du die Muskeln trainierst, mit freien Gewichten, Übungen mit dem eigenen Körpergewicht oder an Geräten macht keinen Unterschied. Daher such dir die Krafttrainingsform aus, die du am besten umsetzen kannst und die dir am meisten Spaß macht.
Ergänzend zum Krafttraining scheinen Ausdauertraining und Dehnübungen einen zusätzlich positiv-präventiven Effekt zu haben. [7] Krafttraining sollte aber die Basis darstellen!
Eine Trainingshäufigkeit von 2-3 mal pro Woche hat sich als sehr effektiv rausgestellt [7], aber bereits eine gezielte Trainingseinheit für die Muskulatur im Rücken zeigt deutliche Effekte! [8]
Wichtig ist ein regelmäßiges Krafttraining mindestens einmal pro Woche!
Wenn du wissen willst, welche Faktoren Rückenschmerzen begünstigen und wie der Einstieg ins Krafttraining bei Rückenschmerzen aussehen kann, dann lies ➜ hier meinen Blog-Beitrag dazu.
Ich hoffe, dass dir dieser Artikel hilft etwas Klarheit in die oft verwirrende Welt der Rückenschmerzen zu bringen. Und, dass ich dir mit diesem Artikel eine Richtung weisen kann, wie du mit deinem Hexenschuss besser umgehen kannst! Wenn du Fragen hast oder individuelle Hilfe bei deinen Schmerzen benötigst, schreib mir gerne eine ➜ E-Mail oder vereinbare hier ein ➜ kostenloses Beratungsgespräch und lass uns herausfinden, wie ich dir helfen kann!
[1] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2697333/
[2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5573856/
[3] https://www.physio-pedia.com/Non_Specific_Low_Back_Pain
[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8747248
[5] https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-007l_S3_Kreuzschmerz_2017-03.pdf
[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26752509
[7] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29053873
[8] https://www.researchgate.net/publication/314717129