Rein statistisch hat jeder Deutsche einmal in seinem Leben Rückenschmerzen und jeder zweite hat mindestens einmal pro Jahr Rückenschmerzen, die zu deutlichen Einschränkungen im Alltag führen. [1]
Behandlungen und Empfehlungen gegen Rückenschmerzen gibt es viele - unter anderem auch spezielle Übungen für den unteren Rücken. Was wirklich hilft und welche Übungen für den unteren Rücken die richtigen sind, erfährst du in diesem Artikel.
Bevor wir uns angucken können, welche Übungen am besten gegen Schmerzen im unteren Rücken helfen, müssen wir uns zuerst einmal angucken, woher deine Rückenschmerzen kommen. Nur so können wir auch feststellen, ob Übungen wirklich helfen und wenn ja, welche Übungen helfen!
Bei Rückenschmerzen denken Betroffene häufig an verletzte Bandscheiben, eingeklemmte Nerven oder eine "abgenutzte" Wirbelsäule - also Schmerzen, weil eine Verletzung oder Abnutzung der WIrbelsäulenstrukturen vorliegt. Tatsächlich sind diese Ursachen nur für ca. 5% aller Rückenschmerzen verantwortlich. Viel häufiger, nämlich bis zu 90%, kann keine eindeutige Ursache für die Rückenschmerzen gefunden werden. [2]
Das bedeutet nicht, dass es keine Ursache oder Ursachen für die Rückenschmerzen gibt. Es bedeutet nur, dass strukturell keine Veränderungen oder Verletzungen vorliegen, die die jeweilige Ausprägung der Schmerzen und die Entstehungsgeschichte der Schmerzen schlüssig erklären können.
In diesen Fällen spricht man von unspezifischen Schmerzen im unteren Rücken (non-sprecific low back pain).
Aber wenn weder Verletzungen noch Verschleißerscheinungen für einen Großteil der Rückenschmerzen verantwortlich ist:
Schmerzen im Allgemeinen und vor allem Schmerzen im unteren Rücken sind ein multifaktorielle Phänomene. Das heißt nicht ein einzelner Faktor verursacht die Schmerzen, mehrere oder viele Faktoren zusammen sorgen für das Schmerzerlebnis.
Und dazu gehören einerseits strukturelle Veränderungen im Gewebe, wie beispielsweise Verletzungen und degenerative Veränderungen, aber auch biochemische Veränderungen in den Gewebsstrukturen, wie beispielsweise Entzündungsprozesse. Und diese Entzündungsprozesse treten nicht nur isoliert in einzelnen Geweben auf, auch systemische Entzündungsprozesse, also solche, die den ganzen Körper betreffen, können das Schmerzerleben beeinflussen und bereits "empfindliche Stellen" empfindlicher machen.
Und gerade dieser systemische Einfluss von Entzündungsprozessen und Entzündungsreaktionen auf Schmerzen im unteren Rücken (und generell Schmerzen), sorgt dafür, dass eine Vielzahl an Faktoren das Schmerzgeschehen beeinflussen kann - sowohl negativ als auch positiv.
Wir können als festhalten:
Alle Faktoren, die sich negativ auf Entzündungsprozesse auslösen, können auch Schmerzen im unteren Rücken negativ beeinflussen und Teil der Ursache und der Entstehung sein!
Häufig sind Schmerzen im unteren Rücken auf eine Kombination aus physischen, psychosozialen und lebensstilbezogenen Faktoren zurückzuführen.
Wie bereits am Anfang erwähnt, können Verletzungen und degenerative Veränderungen eine Rollen bei der Entwicklung von Schmerzen im unteren Rücken spielen (nur eben deutlich seltener als weithin angenommen). Nichts desto trotz spielen physische Faktoren eine wichtige Rolle beim unteren Rückenschmerz.
Schwere körperliche Arbeit und hohe körperliche Anstrengungen können zu Schmerzen im unteren Rücken führen. Vor allem, wenn du nicht ausreichend Erholung nach körperlicher Aktivität hast bzw. zwischen den Phasen erhöhter körperlicher Aktivität hast und dein Körper sich nicht komplett erholen kann.
Auch schwere körperliche Arbeit, an die du (noch) nicht gewöhnt bist (neue Bewegungen oder Tätigkeiten), kann Schmerzen im unteren Rücken auslösen.
Einfach ausgedrückt können schwere körperliche Belastungen und Tätigkeiten zu Überlastungen führen, wenn die Belastungen auf den Körper höher als die Belastbarkeit des Körpers ist und du dir nicht ausreichend Erholung gönnst und diese können Schmerzen auslösen und verstärken.
Neben physischen Faktoren, scheint die Psyche eine wichtige Rolle bei Schmerzen und vor allem Schmerzen im unteren Rücken zu spielen. Psychische Gesundheit, sozioökonomischer Status und Stress können die Intensität von Schmerzen im unteren Rücken beeinflussen und dich "anfälliger" für Schmerzen machen. Aber auch negative Gedanken bezüglich deiner Rückenschmerzen, beispielsweise die Angst, dass die Schmerzen im unteren Rücken eine gefährliche Ursache haben (eine zugrundeliegende Krebserkrankung, einen schweren Bandscheibenvorfall oder einen Wirbelbruch) bzw. die Überzeugung, dass deine Schmerzen "nie mehr komplett weggehen", können sich negativ auf die Schmerzen auswirken. Diese Überzeugungen können deine Schmerzen einerseits deutlich intensiver machen, gleichzeitig dich aber auch in Zukunft anfälliger für Rückenschmerzen machen.
Und da kommen wir auch schon zu einem nächsten Faktor. Rückenschmerzen führen häufig zu Rückenschmerzen. Rein statistisch gesehen ist fast jeder Mensch irgendwann im Leben mit Rückenschmerzen konfrontiert und meist erhöhen Rückenschmerzen in der Vergangenheit das Risiko Rückenschmerzen in der Zukunft zu bekommen. Warum das so ist, ist nicht komplett geklärt. Wahrscheinlich liegt es einerseits daran, dass wir unseren Lebensstil meist nicht deutlich im Laufe des Lebens verändern, sodass Faktoren, die eine erste Episode an Rückenschmerzen begünstigt haben, auch in Zukunft noch präsent sind.
Dazu kommt, dass Studien zeigen konnten, dass es gewisse genetische Varianten gibt, die anfälliger für Schmerzen machen bzw. dafür sorgen, dass die Betroffenen Schmerzen stärker wahrnehmen und bereits "normale" körperliche Belastungen unter Umständen als schmerzhaft wahrnehmen. Daher scheint auch die Genetik eine Rollen zu spielen. [3,4]
Das zeigt sich auch darin, dass Rückenschmerzen und chronische Schmerzen im Allgemeinen eine gewisse Häufung in der Familienhistorie zeigen. [5] Aber auch hier können Lebensstilfaktoren eine wichtige Rolle spielen, da Familien häufig den selben Lebensstil führen und dieser oft über Generationen weitergegeben wird.
Zu den Lebensstilfaktoren, die im Zusammenhang mit Rückenschmerzen stehen, gehören: [6,7]
Rauchen kann sich negativ auf das Schmerzempfinden auswirken, Schmerzen verstärken und zumindest im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass Rauchen direkt zu degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule führen kann (wahrscheinlich als Folge von Durchblutungsveränderungen in den kleinsten Blutgefäßen, die die Bandscheibe und Wirbelsäule mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen). [8] In Studien am Menschen konnte man feststellen, dass Raucher häufiger unter Rückenschmerzen leiden, häufiger unter chronische Schmerzen leiden und mehr degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule aufweisen. [9,10]
Während Übergewicht landläufig als Auslöser für Rücken- und Gelenkschmerzen angesehen wird, ist der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Rückenschmerzen bisher nicht abschließend geklärt. In der Theorie stellt zusätzliches Körpergewicht in Form von Körperfett zusätzliche mechanische Belastung für die Gelenke und auch den Rücken dar. Allerdings ist die Studienlage bezüglich dieser zusätzlich mechanischen Belastung durchwachsen. Gegen die These spricht, dass eine Gewichtszunahme meist über einen langen Zeitraum stattfindet und Gelenkstrukturen so Zeit haben sich an die veränderten mechanischen Voraussetzungen anzupassen. Und sollten sie keine Anpassungskapazität an höhere mechanische Lasten haben, müssten Sportler in Kraftsportarten über mehr Rückenschmerzen klagen als die normalgewichtige Bevölkerung. Dies ist allerdings nicht der Fall - weder Sportler mit hohem Körpergewicht aufgrund signifikanter Muskelmasse, noch Kraftsportler, die regelmäßig Gewichte bewegen, die ein x-faches des Körpergewichts betragen, leiden nicht häufiger (oft sogar seltener) an Rückenschmerzen als die "Normalbevölkerung". [11]
Allerdings scheint es einen indirekten Zusammenhang zwischen Übergewicht und Rücken- bzw. Gelenkschmerzen zu geben. Wie bereits am Anfang des Artikels geschrieben spielen systemische Entzündungsprozesse eine wichtige Rolle beim Auftreten und der Ausprägung von Schmerzen. Und genau hier scheint Übergewicht ein negativer Faktor in Bezug auf Schmerzen darzustellen. Übergewicht, vor allem gepaart mit einem erhöhten Körperfettanteil, führt zu systemisch erhöhten Entzündungswerten. Übergewicht macht deinen Körper also insgesamt "entzündeter" und erhöht damit das Risiko für Rücken- und Gelenkbeschwerden (und viele andere Erkrankungen).
Übergewicht kann Rückenschmerzen begünstigen, aber anders als du denkst. Nicht durch das zusätzliche Gewicht, dass du mit dir rumträgst, entstehen Schmerzen, sondern durch die veränderte Biochemie und mehr Entzündung in deinem Körper!
Ähnlich kontrovers steht es um den Zusammenhang zwischen Bewegungsmangel und Rückenschmerzen. Auch hier ist die landläufige Meinung, dass zu wenig Bewegung dazu führt, dass die Muskeln im Rücken und "Core" verkümmern und die Wirbelsäule dann nicht mehr gut genug stabilisiert werden kann. Die Folge sind Verletzungen, degenerative Veränderungen und Schmerzen. Soweit die Theorie! Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass dem nicht der Fall ist! Studien zeigen, dass die Kraft der Rücken- und Core-Muskulatur keinen Zusammenhang mit Rückenschmerzen zeigen. Genauso, wie die Dehnfähigkeit und die Muskelmasse! Nur die Kraftausdauer zeigt einen Zusammenhang mit Rückenschmerzen. Dieser ist allerdings sehr gering ausgeprägt! Wenn du dich im Detail dafür interessierst, dann findest du ➜ hier einen Artikel von mir, der sich ausgiebig mit dem Thema Stabi-Training, Core-Stabilität und dem Einfluss der Core-Muskulatur auf Rückenschmerzen befasst!
Was Studien allerdings deutlich zeigen: Bewegung und gezieltes Training hilft Rückenschmerzen zu lindern und wahrscheinlich auch zukünftige Rückenschmerz-Episoden vorzubeugen. Oder zumindest dafür zu sorgen, dass Betroffene weniger darunter leiden und weniger Einschränkungen im Alltag durch zukünftige Rückenschmerz-Episoden verspüren.
Und hier wirkt sowohl Krafttraining, als auch Ausdauertraining genauso wie viele verschiedene Kombinationsformen aus beiden. Yoga, Pilates, Crossfit, Bodybuilding, Kraftdreikampf, Joggen, Radfahren, Schwimmen usw. haben alle einen therapeutischen Effekt bei Rückenschmerzen - und ehrlicherweise ist keine Trainingform der anderen wirklich überlegen, wenn man die Gesamtheit der verfügbaren wissenschaftlichen Daten anguckt! [12]
Warum alle gleich gut wirken, ist nicht 100% geklärt. Wahrscheinlich liegt es aber daran, dass Bewegung insgesamt "anti-entzündlich" wirkt und mögliche "pro-entzündliche" Zustände im Körper reduziert.
Wenn du dich ausreichend bewegst, werden systemische Entzündungen reduziert und dein Schmerzempfinden und die Anfälligkeit für Schmerzen verbessert!
Und richtig dosiert hilft Bewegung in fast jeglicher Form, solange der ganze Körper mit einbezogen wird, die Strukturen des unteren Rücken langsam wieder an Belastung ran zu führen und dadurch die Belastungsgrenze und die oft damit zusammenhängende Schmerzschwelle nach oben zu verschieben. Und dadurch auch Ängste vor Belastung abzubauen und das Vertrauen in den Rücken zurückzugewinnen.
Dosierte Bewegung hilft dir also nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern wirkt sich auch auf deine Psyche aus und hilft dir wieder Vertrauen in deinen Körper und natürlich deinen Rücken zurückzugewinnen!
Dass es einen Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Rückenschmerzen gibt, hast du sicherlich schon am eigenen Körper festgestellt. Rückenschmerzen führen meist dazu, dass du schlechter schläfst, weil der Rückenschmerz dich wach hält oder immer wieder aufweckt, wenn du die Schlafposition änderst.
Und das führt dazu, dass du am nächsten morgen erschöpft und nicht wirklich erholt bist - und dich noch steifer fühlst und noch mehr Rückenschmerzen hast!
Ein Teufelskreis - Rückenschmerzen verhindern, dass du gut schläfst und der schlechte Schlaf verstärkt deine Schmerzen!
Und dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt - weniger Schlaf und schlechterer Schlaf macht uns schmerzempfindlicher und insgesamt anfälliger für Schmerzen! Aber was war zuerst und was ist nur die Folge. Die klassische "Huhn oder Ei"-Frage!
Sind Rückenschmerzen die Ursache für Schlafprobleme oder sind Schlafprobleme eine der Ursachen für Rückenschmerzen - und da liefern uns wissenschaftliche Erkenntnisse interessante Hinweise!
Dass Rückenschmerzen dafür sorgen, dass du schlechter schläfst, hast du garantiert schon selber gespürt und eigentlich muss dieser Zusammenhang nicht diskutiert werden! Jeder, der bereits einmal im Leben intensivere Rückenschmerzen hatte, weiß, wie schwer es ist, eine angenehme Position zu finden. Eine Position, in der die Schmerzen im Rücken nicht oder nur gering auftreten. Und wie schwer es ist einzuschlafen und durchzuschlafen, wenn man bei jeder kleinen Bewegung des Körpers wieder mehr Schmerzen empfindet. Wenn du zur Schlafposition und Rückenschmerzen mehr erfahren willst, lies dir ➜ hier meinen Artikel dazu!
Weniger klar ist allerdings der Zusammenhang, dass Schlafstörungen - sowohl zu wenig Schlaf als auch qualitativ schlechter Schlaf - das Risiko erhöhen, zukünftig unter Rückenschmerzen und anderen chronischen Schmerzen zu leiden. Und das auch wenn die Betroffenen bisher noch KEINE derartigen Schmerzen hatten. Schlafstörungen können ein ursächlicher Faktor für Schmerzen in der Zukunft sein. [13]
Das liegt einerseits daran, dass Schlafstörungen die Schmerztoleranz absenken, was dazu führt, dass teilweise bereits alltägliche Bewegungen, die bisher schmerzfrei waren, plötzlich Schmerzen oder Symptome der Missempfindung auslösen. Gleichzeitig ist guter Schlaf wichtig, damit wir uns von alltäglichen (und manchmal auch nicht alltäglichen) Belastungen erholen können. Schlechter Schlaf stört die Erholung, wodurch Überlastungen schneller auftreten können. Und viele körperliche Tätigkeiten im Alltag beziehen den Rücken mit ein (Gartenarbeit, Hausarbeit, Handwerken und die meisten Sportarten). Wie bereits weiter oben beschrieben, sind Überlastungen immer ein Missverhältnis zwischen Belastung, Belastbarkeit und der Erholung zwischen den Belastungsphasen. Zu wenig Erholung sorgt dafür, dass du dich von Belastungen nicht ausreichend erholst und dass sich dein Körper nicht an diese Belastungen anpassen kann. Die Belastbarkeit passt sich diesen Belastungen nicht ausreichend an und kann im schlimmsten Fall, wenn die Erholung langfristig gestört ist, sogar immer weiter abnehmen. In der Folge können Überlastungen auftreten und das sogar bei alltäglichen Belastungen!
Und dann gibt es auch bei Schlafstörungen einen Zusammenhang zu systemisch-erhöhten Entzündungswerten. Erste wissenschaftliche Erkenntnisse weisen darauf hin, dass adäquater Schlaf notwendig ist, um systemische Entzündungswerte zu senken bzw. Entzündungswerte in einem normalen Bereich zu halten. [14]
Gestörter Schlaf kann sich direkt negativ auf systemische Entzündungen im Körper auswirken und hat damit auch auf dieser Ebene Einfluss auf Schmerzen.
Wenn du dir all die Faktoren anguckst, die gemeinsam Rückenschmerzen mitverursachen können, wird eigentlich schnell klar, dass es nicht die eine Übung oder den einen Trainingsplan gibt, der gegen Rückenschmerzen hilft. Und wie bereits oben dargestellt, helfen eigentlich alle Formen von Bewegung und Training, wenn richtig dosiert, gegen Rückenschmerzen.
Betrachtest du dir die Faktoren, die Rückenschmerzen begünstigen bzw. als auslösende Faktoren für Rückenschmerzen in Frage kommen, siehst du, dass eigentlich all die Faktoren generell negativen Einfluss auf die Gesundheit haben.
So zeigt beispielsweise eine aktuelle Studie an über 700.000 amerikanischen Veteranen, dass folgende acht Gewohnheiten wichtig für ein langes gesundes Leben sind: [15]
Rückenschmerzen, vor allem chronische Rückenschmerzen, haben viel mehr mit dem allgemeinen Gesundheitszustand zu tun, als mit einer "reinen" Verletzung oder einer isolierten degenerativen Veränderung einer Gewebsstruktur! [16]
Und genau deswegen ist die wichtigste Therapie und die langfristigste Strategie gegen Rückenschmerzen ein möglichst gesunder Lebensstil. Und für Übungen und Bewegung bedeutet das in erster Linie, dass du die Empfehlungen für ein Mindestmaß an Bewegung der WHO erreichst. [17]
Und diese lauten:
Mindestens 150 Minuten, besser 300 Minuten moderate Ausdauerbewegung pro Woche oder auf den Tag runtergerechnet mehr als 20 Minuten oder besser mehr als 40 Minuten moderater Ausdauerbelastung. Ein Beispiel dafür sind schnellere Spaziergänge oder leichtes Joggen bzw. Fahrradfahren, Schwimmen oder andere ausdauerbetonte Bewegungsformen. Alles, was den Puls dauerhaft auf ca. 50-60% der maximalen Herzfrequenz hält.
Alternativ empfiehlt die WHO mindestens 75 Minuten oder besser 150 Minuten moderat bis intensiver Ausdauerbelastung pro Woche. Das wären ca. 10-20 Minuten pro Tag bei einer Herzfrequenz über 70%.
Eine Mischform beider Ausdauerempfehlungen ist auch möglich. So wie es dir am meisten Spaß macht oder am besten in deinen Alltag passt!
Zusätzlich empfiehlt die WHO Krafttraining für alle großen Muskelgruppen an mindestens zwei Tagen pro Woche.
150-300 Minuten moderater oder 75-150 Minuten intensiver Ausdauerbelastung pro Woche und mindestens zwei Krafttrainingseinheiten für alle großen Muskelgruppen sind notwendig, um gesundheitliche Risiken zu minimieren!
Je nachdem, wie viel du dich bisher bewegt hast können diese Zahlen erstmal viel klingen. Vor allem, wenn du deine sonstigen Verpflichtungen im Job, Alltag und Familie berücksichtigst! Und selbst wenn du jetzt sagst, dass das "problemlos" in deinen Alltag passt, solltest du auch hier einen dosierten Einstieg finden, wenn du bisher wenig bis keine Bewegung im Alltag hattest. Und ehrlicherweise bist du da nicht alleine. Studien zeigen, dass nur 1 von 4 Erwachsenen sich in Bezug auf ein gesundes Leben ausreichend bewegt. [18]
Bevor du also rausrennst und dich in die Bewegung stürzt, lass es langsam und dosiert angehen. Denn auch ein zuviel an "gesunder" Bewegung kann zu Überlastungen führen. Vor allem wenn du gerade an Rückenschmerzen leidest!
Das Ziel ist es, dass du mehr Bewegung in deinen Alltag integrierst und dich langsam an die oben genannten Empfehlungen herantastest. Und täglich etwas mehr Bewegung einbaust!
Bewegst du dich beispielsweise täglich 10 Minuten, bau zusätzliche 3-5 Minuten pro Tag ein. Verkraftest du diese zusätzliche Bewegung, ohne dass deine aktuellen Symptome mehr werden, steigerst du nach einer Woche wieder um 3-5 Minuten pro Tag.
Hast du aktuell keine Rückenschmerzen oder sind deine Rückenschmerzen weniger belastungs- und bewegungsempfindlich, kannst du auch etwas aggressiver steigern. Immer aber mit Blick darauf, wie du dich dabei und danach fühlst.
Und das selbe gilt für Krafttraining. Hast du bisher kein Krafttraining gemacht, fang mit zwei kurzen Einheiten pro Woche an. Pro Einheit wählst du 3-5 Übungen, die alle großen Muskelgruppen trainieren und zusätzlich 1-2 Übungen für Rücken- bzw. Rumpfmuskulatur, um diesen Bereich gezielt an Belastung ranzuführen.
Ein einfaches Beispielplan könnte wie folgt aussehen:
Ausführung: Deine Beine stehen etwa hüftbreit. Dann setzt du ein Bein etwa 1,5-2fache Schrittlänge nach vorne. Das ist deine Ausgangsstellung. Jetzt senkst du das hintere Knie langsam Richtung Boden, bis du mit dem Knie leicht den Boden berührst. Dann drückst du dich wieder nach oben. Das ist eine Wiederholung. Du kannst entweder erst alle Wiederholungen auf einer Seite machen und dann das Bein wechseln oder nach jeder Wiederholung das Bein wechseln.
Achte darauf, dass während der gesamten Ausführung dein vorderer Fuß fest auf dem Boden bleibt. Sowohl der Vorfuß, als auch die Ferse haben durchgängig festen Bodenkontakt. Der hintere Fuß steht nur auf dem Vorfuß. Das Hauptgewicht während der Übung ist auf dem vorderen Fuß.
Je tiefer du mit dem hinteren Knie nach unten gehst, desto schwerer wird die Übung. Um die Übung weiter zu steigern, kannst du 1-3 Sekunden in der tiefsten Position halten oder zusätzlich ein Gewicht in die Hände nehmen.
Ausführung: Du nimmst die Hände etwa schulterbreit auseinander auf eine Erhöhung (Stuhl, Hocker, Arbeitsplatte). Achte darauf, dass die Erhöhung stabil steht. In der Ausgangsposition sind deine Arme gestreckt. Deine Beine und dein Oberkörper sind gestreckt und bilden eine Linie.
Jetzt senkst du dich langsam ab, indem du deine Arme anbeugst und die Ellbogen dabei nah am Körper führst. Achte darauf, dass dein Oberkörper und deine Beine während der gesamten Übung stabil in einer Linie gehalten werden.
Senk dich nur so tief ab, wie du die Bewegung gut kontrollieren kannst, und drück dich dann wieder in die Ausgangsposition hoch.
Je tiefer du die Bewegung ausführst, desto schwieriger wird sie. Um die Übung weiter zu steigern, halte in der untersten Position für 1-3 Sekunden oder such dir eine niedrigere Erhöhung.
Ausführung: Für diese Übung benötigst du ein Widerstandsband. Befestige das Widerstandsband etwa auf Höhe deines Bauches (zum Beispiel am Treppengeländer) und stell dich so hin, dass das Band unter Spannung ist, wenn deine Arme gestreckt nach vorne sind.
Geh leicht in die Knie und baue Spannung im Körper auf. Jetzt ziehst du die Ellbogen nach hinten unten, wie bei einer Ruderbewegung. Gleichzeitig ziehst du die Schulterblätter nach hinten und hälst deinen Oberkörper stabil. Sobald du deine Hände knapp unterhalb der Rippen hälst, kehrst du die Bewegung wieder um. Sobald die Arme wieder gestreckt sind, hast du eine Wiederholung absolviert.
Wenn du in der Position nicht genug Kraft ausüben kannst, kannst du die Beine in Schrittstellung nehmen.
Je stärker das Band in der Ausgangsstellung gespannt ist, desto schwieriger wird die Übung.
Alternativ kannst du die Übung auch im Sitzen ausführen. Dafür eignet sich am besten ein Hocker, damit du frei sitzen kannst und deine Ellbogen soweit wie nötig nach hinten bewegen kannst, ohne dass sie gegen die Lehne stoßen.
Ausführung: Leg dich mit dem Rücken auf die Matte und stell deine Beine an. Achte darauf, dass deine Beine etwa hüftbreit auseinander stehen. Jetzt drückst du dein Gesäß soweit es geht in die Luft. Achte darauf, dass dein Oberkörper stabil bleibt und in sich eine Linie bildet. Drück dich so hoch wie möglich, ohne die Linie im Oberkörper zu verlieren.
Dann senkst du dich langsam wieder ab, bis dein Gesäß die Matte wieder leicht berüht. Ohne dein Gewicht komplett abzulegen und die Spannung zu verlieren drückst du dich wieder hoch. Einmal hoch und runter ist eine Wiederholung.
Meist musst du etwas mit der Entfernung der Füße zum Gesäß experimentieren, um für dich die optimale Position zu finden, in der du die Übung über ein möglichst großes Bewegungsausmaß ausführen kannst. Das Ziel dieser Übung ist es, dass du vor allem die Muskeln im Gesäß spürst.
Um die Übung zu steigern, halte länger in der oberen Position, hebe die Füße im Wechsel in der oberen Position ab oder führe die Übung jeweils nur mit einem Bein auf dem Boden aus.
Ausführung: Stütz dich seitlich auf den Unterarm und winkel die Knie an. Drück dich jetzt hoch, sodass du nur mit dem Unterarm und dem Unterschenkel/Knie Kontakt zum Boden hast. Der Oberkörper bildet in sich eine Linie. Diese Position kannst du entweder statisch halten (so lange es geht) oder dich nach oben drücken und dann dynamisch absenken, bis dein unteres Becken die Matte wieder berührt. Dann drückst du dich wieder nach oben.
Um die Übung schwerer zu machen, kannst du die Knie strecken, sodass du nicht mit den Unterschenkeln, sondern mit dem Fuß Bodenkontakt hast.
Ziel beim Training ist, dass du 1-3 Sätze pro Übung für 12-15 Wiederholungen ausführst. Die Wiederholungen sollen dabei so anstrengend und schwer sein, dass du zum Ende deines Satzes maximal noch 3-4 weitere Wiederholungen schaffst. Du kannst entweder erst alle Durchgänge einer Übung machen mit jeweils 60-90 Sekunden Pause zwischen den Übungen oder du führst alle Übungen ohne Pause wie ein Zirkeltraining aus und machst zwischen den einzelnen Zirkeln eine längere Pause.
Führe jede Übung so aus, dass sie anstrengend genug ist, um deine Muskulatur zu fordern, aber gleichzeitig während der Ausführung deine Schmerzen nicht deutlich verstärkt und im Nachhinein nicht zu mehr Schmerzen führt. Hier musst du dich rantasten und, wenn du aktuell Rückenschmerzen hast, etwas experimentieren. Merkst du nach dem Training mehr Symptome (Stunden später oder am nächsten Morgen), dann reduzierst du die Trainingsbelastung. Das kannst du, in dem du weniger Wiederholungen machst, das Bewegungsausmaß etwas verringerst, leichtere Übungsvarianten durchführst oder mehr Pausen zwischen den Übungen einlegst.
Leichte Symptome (Ziehen, Spannen) im Rücken oder dein normales Schmerzgefühl, was durch die Übungen nicht mehr wird (oder vielleicht sogar besser), stellen im Normalfall kein Problem dar. Und oft lassen sich leichte Symptome gar nicht vermeiden, weil bei Rückenschmerzen oft alle alltäglichen Dinge Symptome provozieren können. Wichtig ist, dass du auf deinen Körper hörst und deine eigenen Grenzen achtest!
Hier kann ein Symptom-Tagebuch helfen. Darin schreibst du, was du jeden Tag gemacht hast. Darin hälst du sowohl deine Alltagstätigkeiten, dein Stress- und dein Wohlbefinden, als auch dein Trainings- und Bewegungspensum fest und notierst dir jeden Tag, wie deine Symptome waren.
So bekommst du einen guten Überblick, ob Bewegung deine Schmerzen positiv oder negativ beeinflusst. Öfter treten Symptome nach zu viel Belastung nicht direkt nach dem Training auf, sondern äußern sich erst am nächsten Morgen. Wahrscheinlich weil Überlastungsreaktionen wie leicht erhöhte Entzündungsreaktionen im belasteten Bereich eine gewisse Zeit nach Belastung brauchen, um sich zu äußern.
Wenn Symptome mehr werden, reduzierst du Belastung etwas und bleibst für 1-2 Wochen dabei. Fühlt sich Training und Bewegung leicht und vor allem leichter als vorher an und die Symptome gehen zurück oder bleiben unverändert, steigerst du etwas und guckst, wie sich dein Körper und dein Rücken verhält.
Nicht selten stagnieren die Symptome im Alltag, aber die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nimmt zu. Du kannst plötzlich deutlich mehr Übungen oder schwerere Varianten ausführen bei gleichbleibender Erschöpfung und ohne das Symptome verstärkt werden, die vorher schon bei weniger Belastung verstärkt wurden. Das ist ein erstes Anzeichen, dass du dich auf dem richtigen Weg befindest und weiter wie bisher vorgehen solltest!
Abschließend ist das wichtigste, dass du Geduld hast und berücksichtigst, dass Rückenschmerzen und Schmerzen im Allgemeinen komplex sind und nicht durch die eine Wunder-Übung oder Wunder-Behandlung direkt beseitigt werden. Wenn du aber geduldig an den notwendigen Stellschrauben arbeitest, kannst du deine Rückenbeschwerden langfristig in den Griff bekommen! Wenn du wissen willst, was du bei einem Hexenschuss bzw. sehr akuten Rückenschmerzen als Soforthilfe machen kannst, lies dir ➜ hier meinen Artikel dazu durch.
Ausreichend Bewegung, gesunde Ernährung und ein gesundes Körpergewicht, ein guter Umgang mit Stress und ausreichend guter Schlaf sind wahrscheinlich die am meisten unterschätzte Therapie gegen Schmerzen!
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Artikel helfen etwas Klarheit in die oft verwirrende Welt der Rückenschmerzen zu bringen. Und dir eine Richtung weisen, wie du selber deine Rückenschmerzen angehen kannst! Wenn du Fragen hast oder individuelle Hilfe bei deinen Schmerzen benötigst, schreib mir gerne eine ➜ E-Mail oder vereinbare hier ein ➜ kostenloses Beratungsgespräch und lass uns herausfinden, wie ich dir helfen kann!